Kanzler Merz: „Der Tanker wendet" – Milliarden-Investitionen und Aktivrente
Zu kompliziert? 🐿️ Hier geht es zur Version „Kurz & Klar".
Kapitän auf der Brücke: Kanzler Merz will den "Tanker Deutschland" wenden – weg von der Rezession.
Es war ein Auftritt, der Ruhe ausstrahlen sollte. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) trat heute ans Rednerpult des Bundestages, um nicht nur den Haushalt 2026 zu verteidigen, sondern auch seine ersten 200 Tage im Amt. Während draußen die Insolvenzzahlen steigen, versuchte Merz drinnen das Bild eines „wendenden Tankers" zu zeichnen – langsam, aber kraftvoll.
Die wichtigsten Punkte
- Rekord-Haushalt: Der Etat 2026 umfasst 524,5 Milliarden Euro – mit Fokus auf Verteidigung und Infrastruktur. [Bundestag]
- Industriestrompreis kommt: Ab dem 1. Januar 2026 erhalten energieintensive Betriebe gedeckelten Strom (Kraftwerksstrategie: Gas → Wasserstoff). [ISPEX]
- Aktivrente startet: Wer im Rentenalter weiterarbeitet, darf bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei dazuverdienen. [Bundesregierung]
- Ukraine-Hilfe steht: Trotz Kritik der AfD fließen 11,5 Milliarden Euro an Kiew – finanziert durch Umschichtungen. [DLF]
- Wehrdienst: Ein neues Wehrdienstgesetz soll die Verteidigungsfähigkeit stärken.
Hintergrund: Investieren gegen die Rezession
„Wir sparen uns nicht kaputt, wir investieren uns aus der Krise", so könnte man die Strategie der schwarz-roten Koalition zusammenfassen. Trotz der Mahnungen zur Haushaltsdisziplin sieht der Etat Rekordausgaben vor – über 21 Milliarden Euro fließen zusätzlich in marode Brücken und Schienen. [Bundestag]
Der Kanzler verwies auf strukturelle Reformen im Planungsrecht und den Bürokratieabbau. Doch das Kernthema seiner Rede war die Ukraine.
Doppel-Wumms 2.0? Günstiger Strom für die Fabrik und steuerfreier Zuverdienst für den Meister.
Klare Kante gegen Russland
Besonders deutlich wurde Merz bei der Ukraine-Frage. In Richtung AfD-Opposition erklärte er unmissverständlich:
„Wir wollen keinen Frieden durch Kapitulation, sondern wir wollen ein friedliches Zusammenleben der Völker in Europa auf der Grundlage unserer demokratischen freiheitlichen Werte." — Bundeskanzler Friedrich Merz, Generaldebatte 26.11.2025 [📺 00:52:19]
Zur Schuldfrage im Ukraine-Krieg ließ Merz keinen Zweifel:
„Der Krieg könnte morgen enden, wenn Russland seinen völkerrechtswidrigen Angriff einstellt... Es gibt in diesem Konflikt nur einen Aggressor." — Bundeskanzler Friedrich Merz, Generaldebatte 26.11.2025 [📺 00:54:45]
Die Konsequenz: Deutschland steht weiter fest an der Seite der Ukraine.
„Deshalb wird Deutschland die Ukraine auch im Bundeshaushalt 2026 weiterhin auf einem sehr hohen Niveau unterstützen... insgesamt 11,5 Milliarden Euro." — Bundeskanzler Friedrich Merz, Generaldebatte 26.11.2025 [📺 00:56:25]
Zusätzlich kündigte Merz 170 Millionen Euro Soforthilfe für die ukrainische Infrastruktur im Winter an. [DLF]
Analyse: Der Industriestrompreis als Befreiungsschlag
Das Herzstück der wirtschaftlichen Rettungsmission: Ab dem 1. Januar 2026 greift der Industriestrompreis. Energieintensive Betriebe (Stahl, Chemie, Glas) erhalten gedeckelte Preise, um die Abwanderung ins Ausland zu stoppen. Mit Kosten von rund 3,1 Milliarden Euro jährlich ist dies ein klarer Bruch mit der reinen Lehre der Marktwirtschaft – und ein Zugeständnis an die harte Realität der globalen Konkurrenz. [ISPEX]
Teil der Strategie ist auch die Kraftwerksstrategie: Neue Gaskraftwerke sollen gebaut werden, die später auf klimafreundlichen Wasserstoff umgestellt werden können.
Aktivrente: Mehr Netto für Senioren
Auch sozialpolitisch setzt Merz Akzente, die über reine Verteilung hinausgehen. Die „Aktivrente" kommt. Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht hat und weiterarbeitet, soll bis zu 2.000 Euro pro Monat steuerfrei hinzuverdienen können. Ein cleverer Schachzug der Union: Er bekämpft den akuten Fachkräftemangel und erhöht die Renten, ohne die Beitragssätze für die jüngere Generation explodieren zu lassen. [Bundesregierung]
Darüber hinaus plant die Regierung eine stärkere kapitalgedeckte Altersvorsorge – ein Aktienanteil soll die Renten der Zukunft sichern.
Wehrdienst: Pflicht zur Verteidigung
Auch sicherheitspolitisch setzte Merz klare Akzente:
„Frieden und Freiheit gibt es nicht umsonst. Verteidigung liegt in unserer aller Verantwortung... Deshalb bringen wir ein neues Wehrdienstgesetz auf den Weg." — Bundeskanzler Friedrich Merz, Generaldebatte 26.11.2025 [📺 00:59:52]
Reaktionen der Parteien
AfD: Alice Weidel nannte den Haushalt eine „Bankrotterklärung". Die 11,5 Milliarden Euro für die Ukraine seien „verbranntes Geld", das den deutschen Rentnern fehle. Sie forderte stattdessen ihren „Deutschlandplan" mit Rückkehr zu Atomkraft und russischem Gas. [→ Zum Artikel]
SPD: Aus der eigenen Koalition kam Unterstützung, aber auch harte Worte Richtung AfD. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese warf der AfD vor, mit ihren parlamentarischen Anfragen „russische statt deutsche Interessen" zu vertreten. [→ Zur Analyse]
Grüne: Die Grünen begrüßten die Ukraine-Hilfen, kritisierten aber die Finanzierung. Ohne eine Reform der Schuldenbremse würden wichtige Klimaschutz-Investitionen auf der Strecke bleiben.
Folgen & Ausblick
Merz regiert pragmatisch. Er hat die ideologischen Grabenkämpfe der Ampel hinter sich gelassen und setzt auf eine Mischung aus staatlicher Lenkung (Strompreis) und klassischen Leistungsanreizen (Aktivrente). Ob das reicht, um die Rezession zu brechen, bleibt das große Risiko seiner Kanzlerschaft. Der Haushalt steht, aber der Erfolg muss sich erst noch an den Werkbänken und Ladenkassen zeigen. Das Jahr 2026 wird zur Bewährungsprobe: Wenn die Insolvenzzahlen nicht sinken, wird der „wendende Tanker" schnell wieder als „Titanic" bezeichnet werden.